Viele wissen es nicht: wer in der EU geschäftlich verreist, muss seit 2010 im Vorfeld eine sogenannte A1-Bescheinigung bei der Krankenkasse beantragen. Ansonsten drohen Bußgelder von bis zu 10.000 € pro Reisendem. Zusammen mit der P3 digital services bietet die ososoft hierfür eine automatisierte Lösung auf der Basis von SAP Concur Travel.

Hintergrund

Gerade in größeren Unternehmen verursacht die A1-Regelung einen hohen Zeit- und Personalaufwand, der dem Management häufig nicht bewusst ist. Auch die potenziellen Kosten bzw. Risiken sind signifikant: Während anfangs nur lückenhaft kontrolliert wurde, schauen die Behörden jetzt branchenübergreifend genauer hin. Bereits 2018 wurden Unternehmen und Mitarbeiter 50% häufiger kontrolliert als im Vorjahr und mehrere Millionen Euro in Bußgeldern verhängt (Quelle: Handelsblatt).

 

Die Digitalisierung macht auch vor dem A1-Prozess nicht halt – seit Anfang 2020 können A1 Formulare nur noch elektronisch beantragt werden, der Antrag wird dann binnen 3 Arbeitstagen bearbeitet und auf digitalem Weg bestätigt. Folglich ist es höchste Zeit, diesen Prozess automatisieren, um Kosten und Risiken zu senken!

 

Zu diesem Zweck haben sich erfahrene Prozessoptimierer von der P3 digital services mit den SAP-Spezialisten der ososoft zusammengeschlossen und auf der Basis von SAP Concur Travel eine vollautomatisierte Lösung entwickelt, die es dem Reisenden bei der Beantragung der Dienstreise mit wenigen Klicks ermöglicht, den EU-Vorgaben Rechenschaft zu tragen.

 

Hierzu haben wir Sebastian Lohkemper, Head of Robotic Process Automation bei der P3 digital services, interviewt. Sebastian arbeitet bereits seit 10 Jahren im Prozessconsulting und war für die Implementierung mitverantwortlich:

 

Sebastian, erzähl uns etwas über das Pilotprojekt. Was war die Challenge?

S. Lohkemper: Viele Unternehmen stehen bei der digitalen Transformation ihrer administrativen Prozesse vor Herausforderungen. Im Falle des A1-Prozesses heißt das, es wird zwar online beantragt, es gab aber häufig keine Prozessoptimierung oder -standardisierung innerhalb der Backoffices der einzelnen Unternehmen.

 

A1-Bestätigungen können aus Datenschutzgründen nur digital über eine spezielle Schnittstelle bzw. ein online-Postfach empfangen werden, was die Lösung kaum integrierbar macht. Weiterhin unterscheiden sich die Antrags- und Bestätigungsmodalitäten je nach zuständigem EU-Land, das erschwert die Handhabung und Standardisierung.

 

Neben der zusätzlichen Komplexität für das Backoffice, das für jeden Reisenden abhängig von dessen Herkunftsland und Versicherung agieren muss, liegt die Hauptschwierigkeit in der Sensibilisierung der Reisenden, die das A1 häufig gar nicht kennen oder vergessen. Bei größeren Mittelständlern kommt es bisweilen vor, dass eine Ganztageskraft ausschließlich für die A1-Bearbeitung abgestellt ist.

 

Wie wurde in diesem Fall der Prozess optimiert?

S. Lohkemper: Der Schlüssel zum Erfolgt liegt in dem einfachen und für den Reisenden schlanken Prozess. Unser Kunde hatte SAP Concur Travel für den Buchungs- und Approval-Prozess bereits im Einsatz. Unsere Lösung integriert den Schritt der A1-Beantragung mit wenigen Zusatzinformationen direkt in den Buchungsprozess, so wird die Compliance garantiert und gleichzeitig dem Backoffice die A1-Verwaltung fast komplett abgenommen.

 

Der Reisende erhält das Formular schlussendlich automatisch via Mail, sobald es von der Krankenkasse zurückgeschickt wurde und es wird ebenfalls eine Kopie direkt in der zuständige Unternehmensabteilung zur Dokumentation gesendet.

Welche Anpassungen waren dafür nötig?

S. Lohkemper: Auf prozessualer Ebene wurde natürlich die Prüfung auf eine vorliegende Bescheinigung und der kurze Antrag hinzugefügt. Auf der IT-Ebene waren die kundenseitigen Anpassungen ebenfalls nur gering. Ososoft hat den SAP Concur Workflow erweitert und von P3 entwickelte Eingabemasken eingebaut. Beantragt jemand eine Dienstreise ins EU-Ausland per Flug, wird am Ende des Buchungsvorgangs die Datenbank abgefragt, um eine bestehende A1-Bescheinigung zu erkennen und den Schritt zu überspringen. Liegt keine gültige A1-Bescheinigung vor wird eine Eingabemaske aufgerufen. Die meisten Felder sind bereits vorausgefüllt, wie z.B. Reisedaten und Zielland. Der Beantragende muss nur noch die Felder Tätigkeit und Art der Beschäftigungsstelle befüllen, um den Antrag abzuschicken.

 

Anschließend übernimmt ein Softwareroboter die Beantragung und holt sich dafür zusätzliche Infos wie Versichertennummer, Abteilung etc. aus SAP und verschiedenen anderen Systemen. Landesspezifische Unterschiede bei der Schnittstelle zur Krankenkasse können wir automatisch berücksichtigen, da das System die regionale Zugehörigkeit des Mitarbeiters bereits kennt.

 

Da in seltenen Fällen Mitarbeiter auch einmal per Zug oder Auto geschäftlich in ein anderes europäisches Land reisen haben wir neben SAP Concur einen zweiten Einstiegspunkt in den Prozess als Formular in Microsoft Teams geschaffen. Hier muss der Mitarbeiter zwar ein paar zusätzliche Informationen bei der Beantragung eingeben, hat aber ansonsten denselben Komfort der Automationslösung.

 

In Summe lässt sich damit sagen, dass die gesamte Lösung kaum Anpassungen auf der Kundenseite erfordert hat. Wir haben lediglich eine kleine Anpassung in SAP Concur vorgenommen. Der Roboter und die Datenbank sind unabhängig und beeinflussen daher die bestehende IT-Landschaft nicht.

 

Welches Fazit ziehst Du aus diesem Pilotprojekt?

S. Lohkemper: Es handelt sich hier um eine gesetzliche Vorgabe, das heißt dieses Problem betrifft jedes Unternehmen in Europa, das mit Partnern oder Kunden im EU-Ausland arbeitet. Neben der Vermeidung von hohen Bußgeldern ist insbesondere in einem Post-COVID19-Szenario die Sicherstellung der Sozialversicherung auf Dienstreisen von zentraler Bedeutung.

 

Insbesondere, wenn SAP Concur bereits im Einsatz ist, lohnt sich unsere Lösung für die A1-Beantragung. Das langsame Hochfahren in den kommenden Monaten ist eine gute Gelegenheit, eine solche Lösung zu implementieren und mit zunächst geringem Volumen zu testen. Durch die digitale Antragstellung ergibt sich hier die große Chance Zeit, Aufwand und Geld einzusparen und gleichzeitig die Sicherheit der Reisenden zu gewährleisten.

 

Generell zeigt dieses Projekt eindrucksvoll, dass wir durch die Kombination von SAP-Workflows mit RPA auch Prozesse, die sich nur teilweise in der SAP-Landschaft abspielen, künftig voll automatisieren können. Das eröffnet viele Möglichkeiten – auch für andere Anwendungsgebiete.

 

Mehr zum Thema

Zum Thema SAP Concur wurde bereits der Artikel Travel & Expense Management mit SAP Concur verfasst. Wollen Sie allerdings mehr genau zu dem in diesem Artikel behandelten Thema wissen, kontaktieren Sie uns. Unsere Berater sind gerne für Sie da!