Auf unserem Blog finden Sie bereits einige Beiträge zum Thema Extended Warehouse Management on S/4HANA. Diese gehen unter anderem auf das Thema des Wartungsendes für SAP WM und damit eine erzwungene Umstellung zu einem EWM System ein. Wir wollen nun näher Beleuchten, welche Möglichkeiten der Umsetzung sich dabei insbesondere für Unternehmen im Mittelstand ergeben, die bisher nicht oder kaum SAP EWM nutzten oder eher keinen Nutzen in der Verwendung sahen.

Zielgruppe Mittelstand?

Häufig stellt sich die Frage, ob SAP EWM überhaupt für ein Unternehmen im Mittelstand geeignet ist. Gründe für diese Frage sind zweifellos der große Funktionsumfang, der oft nicht benötigt wird, die Komplexität und entstehende Kosten bei der Umstellung.

 

Zunächst gibt es dazu die Feststellung, dass kein Weg an SAP EWM nach dem Wartungsende 2027 vorbeiführt. Es wurde zwar eine Alternative mit SAP Stock Room Management geboten, jedoch ist deren Umfang bisher nicht völlig klar und nach den aktuellen Meldungen nur für sehr kleine manuelle Läger geeignet.

 

Es soll an dieser Stelle allerdings auch gesagt sein, dass es im neuen S/4HANA zwei embedded Varianten des EWM gibt. Die Basic-Version ist ohne Mehrkostenaufwand integriert und deckt die Standardprozesse des bisherigen SAP WM ab. Neue Transaktionen und neues Wording geben dem alten WM ein neues Gesicht. Es bedarf einer Weile sich an SAP EWM zu gewöhnen, doch die Erleichterung der Arbeit im Lager gegenüber SAP WM zeichnet sich später deutlich ab.

 

Die eben genannte Basic-Variante des EWM ist in der Standardausführung von SAP S4/HANA bereits integriert und kann ohne weitere Lizenzkosten genutzt werden und bietet die Möglichkeit einer Migration aus SAP WM. Auf diesen Punkt werden wir später weiter eingehen.

 

Eine Migrationsmöglichkeit bedeutet zunächst einmal, dass die wesentlichen Funktionen des WM erhalten bleiben und sich die Prozesse der Lagerverwaltung sehr ähneln. Es gibt viel mehr die Möglichkeit der Erweiterung und der angesprochenen Automatisierung sowie Transparenz, die hinzukommen, als das Abhanden kommenden des Alten. Somit ist EWM mit einfacheren Prozessen auch für den Mittelstand geeignet und bietet dabei sowohl Vorteile als auch Perspektiven und muss nicht rein negativ betrachtet werden.

Vorteile

Die allgemeinen Vorteile des EWM finden sich auch für den Mittelstand. Besonders hervorzuheben sind die Punkte Transparenz und Automatisierung. So können beispielsweise exakte Positionsdaten der Waren permanent im Verwaltungsmonitor angezeigt werden. Diese Funktion geht über den Lagerplatz hinaus. Es kann auch gezeigt werden, welche Ressource gerade welche Handling Unit bewegt.

 

Gleichzeitig kann das System durch diese Transparenz selbständig den besten Lagerplatz in der Einlagerung ermitteln (= chaotische Lagerhaltung) und bei der Auslagerung wieder dem Mitarbeiter im Lager den exakten Standpunkt des zu entnehmenden Materials mitteilen. Die Ermittlung der Lagerplätze erfolgt automatisch und kann über Customizing im Standard, wie z.B. über Lagerbereiche, auch sehr detailliert gesteuert werden.

 

Ein weiterer großer Vorteil im Zusammenspiel mit dem Handling Unit Management ist die Möglichkeit der Nutzung von Handscannern mittels Radio Frequency Technologie.  EWM bietet hier eine Standard-Transaktion, in der alle gängigen Lagervorgänge im Standard vordefiniert sind. Es ist möglich die Transaktion in der GUI am PC zu starten und dort zu quittieren oder zu simulieren. Ebenso kann die entsprechende FIORI APP unkompliziert auf einem Scanner geöffnet werden. Die Bilder und Validierungsoptionen für diese Funktionen können einzeln angepasst werden.

 

An das EWM können mehrere Scanner angebunden werden, die durch Ressourcenmanagement verwaltet werden. Der Lagermitarbeiter meldet sich mit seiner Kennung an dem Gerät an und wird automatisch mit Aufgaben in seiner Queue, beispielsweise der Inbound Queue für Einlagerungen, versorgt. Im Lagerverwaltungsmonitor kann dabei genau überwacht werden, wie weit welche Aufgabe bearbeitet wurde und wie viele Aufgaben sich noch im Arbeitsvorrat befinden. Für den Lagermitarbeiter selbst wird auf dem Scanner lediglich angezeigt, von wo er welches Material/welche Handling Unit nehmen soll und wo er diese hinbringen soll.

 

Die wichtigsten Business-Use-Cases im Überblick:

  • Lagerverwaltungsmonitor
    • Komplette Übersicht der Belege
    • Exakte Positionierung des gesamten Bestands und HUs
    • Übersicht der Ressourcennutzung
    • Weitere Übersichten und direkter Absprung in Transaktionen/Belege/etc.
  • Automatische Lagerplatzfindung Ein-/Auslagerung (z.B. nach Nähe/gleiches Produkt…)
  • RF-Scanner-Technologie
  • Analytische FIORI Apps (z.B. Lagerumschlag/Aktuelle Arbeitslast…)
  • Nachschubsteuerung
  • Produktionsversorgung (Anforderungs- oder Anlieferungsbasiert)
  • Elektronisches Kanban

 

Kein Lager ist identisch

Jedes Lager ist anders aufgebaut und wird anders genutzt. Entsprechend sind auch die Prozesse zur Einlagerung, Auslagerung oder Produktionsversorgung, sehr differenziert. Trotzdem bauen alle Prozesse auf dem gleichen Schema auf und müssen nur entsprechend angepasst werden. Je nach Komplexität des Prozesses fallen dafür mehr oder weniger Aufwände an.

 

Auch innerhalb der Bereitstellung für die Produktion gibt es teils massive Unterschiede. Im SAP Standard gibt es allerdings verschiedene Modelle, die für viele Gegebenheiten eine Abdeckung bieten. Es wird zum einen zwischen der Produktionsmaterialanforderung (PMA) und der lieferungsbasierten Produktionsversorgung unterschieden. Auch wird nach Aufteilung der Lagerorte unterschieden. Dabei stellt sich die Frage, ob in einem EWM Lagerort oder einem MM-IM Lagerort produziert wird.

WM-EWM Migration

Wie der Name des EWM bereits verrät, handelt es sich um eine erweiterte Form des alten WM. Das heißt, nicht alles ist neu und unbekannt. Wenngleich im neuen Modul vieles anders aussieht, ist EWM doch in vielen Bereichen das gleiche oder sehr ähnlich zu WM. So bietet SAP auch die Möglichkeit einer Migration von WM zu EWM.

 

Sie können also die Strukturen und Prozesse des WMs zum größten Teil in das EWM überführen und anschließend Anpassungen und Erweiterungen vornehmen. Wir haben zu diesem Zweck ein eigenes WM-Migrationstool entwickelt, welches nah am SAP-Standard Daten überträgt und an die Strukturen des EWM anpasst.

Folgende Daten werden mit dem Migrationstool migriert:

  • Lagerstrukturen (Lagernummer/Lagertypen/Lagerbereiche/Lagerplätze)
  • Prozessstrategien (Einlagerung/Auslagerung/Nachschub)
  • Produktstamm inkl. Packmittel und Packspezifikationen

 

Fazit

Das Extended Warehouse Management ist eine solide Ablösung für das WM-Modul und bietet sehr viele Möglichkeiten. Für den Mittelstand kann diese Umstellung zunächst auf sehr einfacher Ebene erfolgen und bietet später viel Raum während des Firmenwachstums erweitert zu werden. Mit diesen einfachen Prozessen kann im SAP Standards gearbeitet werden und auch kleinere Anpassungen und weitere Automatisierungen können auf Kundenwunsch berücksichtigt werden.

 

Wie im letzten Punkt beschrieben besteht des Weiteren die Möglichkeit, einen Großteil des Altsystems zu übernehmen. Unser Migrationstool kann dabei eine schnelle und einfache Lösung sein, das alte zu übernehmen und im Anschluss an die Migration kleinere Veränderungen und Neuerungen vorzunehmen.

 

Auf den SAP Standard im Extended Warehouse Management und dessen Anpassungsmöglichkeiten werden wir in folgenden Blogbeiträgen eingehen. Mit dieser Reihe an Beiträgen möchten wir aus einer vermeintlichen schwarzen Sicht auf die Umstellung zu SAP EWM eine graue Schattierung schaffen. Vielleicht sogar noch etwas heller.