Lohnbearbeitung, auch Lohnveredelung oder auf Englisch „Subcontracting“ Management genannt, ist in vielen Unternehmen ein notwendiger und effizienter Weg besondere Kundenaufträge zu erfüllen oder Kapazitätsengpässe in der Produktion zu überbrücken, ohne dabei den Fokus auf die betrieblichen Kernkompetenzen zu verlieren. Wir möchten daher im heutigen Post die Lohnbearbeitung mit SAP genauer vorstellen.

 

Bei der Lohnbearbeitung wird dabei ein benötigtes Produkt beim Lohnbearbeiter bestellt und diesem, im Gegensatz zu einer gewöhnlichen einfachen Bestellung oder zur Fremdfertigung, die zur Herstellung notwendigen Materialien zur Seite gestellt.

 

Lohnbearbeitung_SAP_ososoft_Prozess

 

Betriebswirtschaftliche Vorteile des Lohnbearbeitungsprozesses sind dabei u. a.:

  • Konzentration der Ressourcen (Kapital, Personal, etc.) auf die Kernkompetenzen des Unternehmens
  • Überbrückung kurzfristiger Kapazitätsengpässe ohne großem Investitionsaufwand und ohne Kundenaufträge absagen zu müssen.
  • Vermeidung hoher Kapitalbindung in unternehmerischen Randprozessen
  • Nutzung von spezialisiertem externem Knowhow
  • Erhöhung der Kundenzufriedenheit

 

 

Mit SAP S/4HANA wurde dieser Prozess wesentlich verbessert. Mit den Dispobereichen für den Lohnbearbeiter ist es nun möglich, stets die Bestände und die Bestelllage beim Lohnbearbeiter im Auge zu behalten. Zusätzliche Fiori-Apps bereichern die Usability weiter und erlauben es, den Prozess anwenderfreundlich und intuitiv zu gestalten.

 

In der folgenden Reihe wollen wir Ihnen dabei die Lohnbearbeitung unter S/4HANA sowohl in der klassischen SAP GUI als auch mittels SAP UI5, dem Fiori-Launchpad, detailliert darstellen und dabei auch auf die wesentlichen Customizing-Notwendigkeiten eingehen.

 

 

 

Doch zunächst möchten wir in diesem Beitrag einige Begriffe im Umfeld näher erläutern. Dazu gehören die Folgenden:

 

Lohnbearbeiter

Ist der Lieferant, welcher die ihm beigestellten Materialien zum Bestellten fertigen (veredelten) Produkt weiterverarbeitet.

 

Kopfmaterial

Ist das Produkt, welches vom Unternehmen benötigt und daher beim Lohnbearbeiter bestellt wurde. Im Materialstamm zu diesem Produkt ist eine Stückliste hinterlegt, welche die Beistellkomponenten enthält.

 

Beistellkomponenten

Sind die Materialien, aus welchen das Kopfmaterial besteht und welche dem Lohnbearbeiter zur Fertigung des Kopfmaterials beigestellt werden. Diese Materialien sind in der Stückliste des Kopfmaterials enthalten und werden in der Regel im Rahmen des Prozesses verbraucht. Dabei können die Beistellkomponenten entweder fremdbeschafft oder eigengefertigt sein.

 

Dispobereich zum Lohnbearbeiter

Mit S/4HANA wurden sogenannte Dispobereiche implementiert. Neben dem klassischen Werks-Dispobereich (Dispobereichstyp 1) gibt es dabei den Lagerort Dispobereich (Dispobereichstyp 2) und den Dispobereich zum Lohnbearbeiter (Dispobereichstyp 3). Damit wird es ermöglicht, Bestände separat zur Werksebene auf Lagerort oder – wie hier – beim Lohnbearbeiter zu disponieren.

 

Sonderbeschaffungskennzeichen

Das Sonderbeschaffungskennzeichen, abgekürzt SOBSL, wird im Materialstamm des Kopfmaterials hinterlegt (Sicht Dispo 2). Es ermöglicht im Rahmen des MRP-Laufes die Anlage einer Bestellung mit dem Positionstyp L für Lohnbearbeitung und somit eine direkte Disposition auf den Lohnbearbeiter durch den MRP-Lauf.

 

Lohnbearbeitungsstreckengeschäft

Sollen die Beistellmaterialien für die Lohnbearbeitung nicht vom Unternehmen sondern von einem weiteren Lieferanten direkt an den Lohnbearbeiter geliefert werden oder soll der Lohnbearbeiter das fertige Produkt direkt an den Kunden liefern, wird von Streckengeschäft gesprochen. Dieser Spezialprozess ist in diesem Beitrag ausgeklammert.

 

 

Zur Veranschaulichung der Lohnbearbeitung mit SAP stellen wir uns dabei einen Hersteller aus der Pharmaindustrie vor, welcher sich auf die Produktion von Hartkapseln, Ampullen und weiterer Darreichungsformen für Medikamente spezialisiert hat. Für Werbezwecke möchte dieser dabei seinen Vertriebsmitarbeitern und Kunden Muster seiner Produkte in speziellen Musterboxen zur Hand geben. Nennen wir das Unternehmen in unserem Beispiel Pharma4you.28

 

Die Darreichungsformen wie Tabletten, Hartkapseln u.s.w. produziert das Unternehmen Pharma4you selbst. Die Musterboxen kauft das Unternehmen extern zu. Die Kommissionierung und Bestückung der Musterboxen sowie das Aufdrucken des Firmenlogos darauf soll die Firma MusterX GmbH als externer Dienstleister übernehmen.

 

Fazit

Die Lohnbearbeitung stellt einen Sonderprozess der Beschaffung in SAP dar. In diesem Beitrag haben wir Ihnen Beispiele gezeigt, wann dieser sinnvoll sein kann und welche Begrifflichkeiten in diesem Prozess zu beachten sind. Wir hoffen, Ihnen die Lohnbearbeitung mit SAP nähergebracht zu haben.

 

Wie genau SAP diesen Prozess für unsere Beispiels-Firma Pharma4you abbildet, zeigen wir Ihnen in den folgenden Beiträgen. Bleiben Sie also aktiv oder abonnieren Sie unsern Blog direkt!

 

Falls Sie bereits jetzt Fragen haben oder ein Projekt in diesem Bereich durchführen möchten und noch den passenden Partner suchen, dann kontaktieren Sie uns jederzeit – unsere Berater helfen Ihnen gerne!