25.01.2021 | Reinhold Gieß
Eine große Hürde in vielen SAP Projekten stellt das Testmanagement dar. Besonders dann, wenn sich das System bereits im Live-Betrieb befindet und Änderungen konkrete Auswirkungen auf das Tagesgeschäft haben. Immer wieder kommt es zu neuen Einspielungen, die nicht ausreichend oder „falsch“ getestet wurden und somit die tägliche Arbeit beeinträchtigen. Besonders im Kontext der Lagerverwaltung kann dies zu schweren Problemen und Systemausfällen führen, die mit hohem Schaden zu beziffern sind, der sich durch ein gut durchdachtes und gepflegtes Testmanagement einfach vermeiden lässt.
Die Basis für ein solides Testmanagement bildet ein aktuelles Testsystem. Dazu sollte in regelmäßigen Abständen eine Kopie des produktiven Systems gezogen werden. Weichen die beiden Systeme zu sehr voneinander ab, kann keine Aussage über das Systemverhalten am produktivem Ende getroffen werden. Bereits kleine Abweichungen können zu großen Problemen führen.
Um die Qualität der Daten für verschiedene Tests zu gewährleisten bietet es sich an, auch auf dem Testsystem mehrere Mandanten zu führen. Im Idealfall liegen drei verschiedene Mandanten vor. Ein Entwicklungsmandant, ein Testmandant und ein simultan produktiver Mandant.
Im Entwicklungsmandanten wird nicht getestet. Dort werden Customizing Einstellungen und Entwicklungen vorgenommen, die im zweiten Schritt an den Testmandanten überspielt werden. Dort erfolgen solange Tests, bis das gewünschte Ergebnis erzielt wurde. Erst, wenn dieses erreicht ist, werden die Einstellungen und Entwicklungen in den dritten Mandanten übertragen. Sind dort die Tests ebenfalls erfolgreich, können sie durch einen Abnahme Prozess freigegeben werden und in das produktive System überspielt werden.
Tests sind immer nur so aussagekräftig, wie der Aufbau und die Qualität der einzelnen Testfälle. Um diese sauber zu dokumentieren und aufzubauen empfiehlt es sich ein Testtemplate aufzusetzen. Dazu eignet sich eine Excel-Tabelle mit mehreren Tabellenblättern und ein Word-Dokument, in dem der zu testende Prozess oder/und die zu testende Entwicklung beschrieben werden.
Das Excel beschreibt dabei die durchzuführenden Prozessschritte, die Datengrundlage, die eingesetzten Daten, ein erwartetes Ergebnis und die Bestätigung, dass der Testfall erfolgreich war. Pro zu testenden Prozess beinhaltet das Excel ein eigenes Tabellenblatt.
Spitzfindig gefragt: Ich lege doch für jeden Testfall ein eigenes Template an, warum teste ich mehrere Prozesse in einem Excel?
In dieser Frage liegt der häufigste Corpus Delicti im Testmanagement. Es wird der Prozess getestet, der neu eingestellt wurde. Und wenn dieser Prozess erwartungsgemäß läuft, kann er in das produktive System.
Das ist allerdings in den meisten Fällen eine grobe Fehleinschätzung. Ein Prozess funktioniert in der Regel nicht allein, oder, er hat Abhängigkeiten zu anderen Prozessen. Es gilt also auch die Überlegung, welche Prozesse könnten durch meine Änderung beeinflusst werden. Diese Eventualitäten müssen sorgsam bedacht werden und ebenfalls mit Tests geprüft werden.
Testmanagement kann und sollte nie durch eine einzige Person erfolgen. Für Änderungen und Neuerungen im System sollte immer ein Konsortium aus mindestens drei Personen zur Verfügung stehen. Im Idealfall setzt sich dieses aus dem Fachberater, einem Key-User und einem operativen Projektmitglied zusammen.
Gemeinsam werden die Änderung und etwaiges Zusammenspiel von Prozessen besprochen und erörtert. Besonders dem operativen Teammitglied fällt hier die Rolle zu die Testfälle in Frage zu stellen, da aus dessen Perspektive, der meiste Abstand zum aktiven Geschehen herrscht. Der Key-User hingegen ist der Gegenpart, der am Live-Geschehen dabei ist und akute Probleme als Erster sieht. Auch seine Teilnahme ist somit unerlässlich.
Der Berater selbst, ist für die Entwürfe und das aktive Testen verantwortlich. Er bildet zudem das Bindeglied zwischen den beiden Parteien und übernimmt auch perspektivisch deren Rollen mit.
Alle Tests des Teams wurden dokumentiert und als erfolgreich bewertet. Doch trotzdem ist damit noch nicht die Zeit für den Transport auf das produktive System gekommen. Bevor dieser letzte Schritt erfolgt, werden die Dokumentationen einem weiteren operativen Team vorgelegt. Dieses Team ist nochmals dafür zuständig eine Plausibilitätsprüfung durchzuführen und die Tests selbst nachzustellen. Nach deren Freigabe werden die Ergebnisse des Test-Teams und des operativen Teams dem Projektleiter vorgelegt. Erst nach dessen Freigabe sollte ein Transport in das produktive System erfolgen.
Testmanagement stellt einen zentralen Punkt in jedem SAP Projekt dar. Mit ihm steht und fällt der Erfolg einer Einführung und auch von Folgetätigkeiten. Leider wird dieses Thema in vielen Projekten nicht ernst genug genommen und führt zu vielen Verzögerungen und Verlusten.
Wir von der ososoft GmbH legen daher von Beginn an Wert auf ein sauberes und hochwertiges Testmanagement, damit einem erfolgreichen Go-Live nichts im Wege steht.