07.07.2021 | Andreas Bauer
Das Material Ledger erfüllt grundsätzlich zwei unterschiedliche Zielsetzungen: das Führen paralleler Währungen/Bewertungen und die Istkostenrechnung. Was genau hinter diesen beiden Funktionen steckt und wie diese angewendet werden können, soll in einer kleinen Serie zum Thema erläutert werden. In diesem ersten Teil findet sich eine generelle Einführung und das Thema der parallelen Währungen/Bewertungen.
Zunächst betrachten wir das Material Ledger und dessen Entwicklungen ganz allgemein. Grundlegend gibt es das ML schon seit einigen Jahren, wurde nun aber mit S/4HANA neu aufgerollt und als Nebenbuch unter das Universal Journal (Tabelle ACDOCA) geordnet. Dieses Universal Journal gilt als das neue Hauptbuch des FI/CO unter S/4HANA. Dieses wurde bereits in einem früheren Blogbeitrag als eigenes Thema ausführlich behandelt. Kurz erklärt ist die Tabelle ACDOCA eine Zusammenfassung aus den Bereichen Hauptbuchhaltung (FI-GL), Anlagenbuchhaltung (FI-AA), Controlling (CO) und eben aus dem Material Ledger in ein zentrales Journal. Dabei enthält es alle Einzelpostenbelege aus den Bereichen FI, FI-AA und CO. Alle Buchungen in diesen Modulen werden bei einer S/4HANA Migration in diese Tabelle geschrieben. Dadurch soll eine zentrale Belegaufbewahrung und die Vermeidung von Redundanzen erreicht werden. Mit S/4 löst das ML auch das Material Management (SAP MM) für die Bestandsführung ab.
Die erste, wesentliche Aufgabe des Material-Ledgers besteht darin, Materialbestände in mehreren Währungen bzw. Bewertungen zu führen. Es ermöglicht somit die Bewertung von Materialbeständen in mehreren Währungen und die Verwendung unterschiedlicher Bewertungsansätze. Neben einer bisher einzeln geführten Währung ist das Führen zwei weiterer und somit insgesamt von drei Währungen möglich.
Darüber hinaus stellt es die Grundlage für die Ist-Kalkulation dar. Die Zielsetzung findet sich dabei in der Ermittlung von Istkosten für fremdbeschaffte und eigengefertigte Materialien. Des Weiteren umfasst die Istkalkulation eine istkostengerechte Bestandsbewertung aller wertmäßig geführten Materialien der Materialbestände z.B. von Rohstoffen als auch von Halb- und Fertigerzeugnissen. Die Istkalkulation ermittelt hierfür einen periodischen Istpreis (periodischer Verrechnungspreis) pro Material, in den sämtliche Istkosten der jeweiligen Periode einfließen.
Neben diesen Funktionen finden sich dann auch noch die erweiterten Optionen bei den Analysen mit S/4HANA. Hierbei sind vertiefte Einsichten in beispielsweise Preisentwicklungen, Varianzen und dem Werte- und Mengenfluss möglich. Darüber hinaus können auch Simulationen durchgeführt werden und die „Predictive Analysis“ zum Einsatz kommen.
Die Hauptfunktionen und ob diese mit S/4HANA Pflicht oder optional sind, sind in folgendem Bild gelistet:
Zunächst soll in diesem ersten Teil der dreiteiligen Serie die erste der beiden Hauptfunktionen des ML betrachtet werden: Das Führen paralleler Währungen/Bewertungen.
Diese wesentliche Aufgabe des ML besteht darin, Materialbestände in mehreren Währungen bzw. Bewertungen zu führen. Während standardmäßig die Bestandswerte der Materialien nur in der Buchungskreiswährung fortgeschrieben werden, werden nun alle Warenbewegungen in 3 Währungen/Bewertungen fortgeschrieben – die Führung zwei weiterer Bewertungen ist folglich möglich. Die Umrechnung in die Fremdwährungsbeträge erfolgt zu historischen Kursen (die Umrechnung erfolgt zum Zeitpunkt der jeweiligen Buchung). Dadurch wird die Bewertung der Bestände in mehreren Währungen möglich und es können verschiedene Bewertungsansätze verfolgt werden. Das Material Ledger ermöglicht damit insbesondere Unternehmen in Hochinflationsländern einen zusätzlichen Ausweis der Materialbestände in einer Hartwährung. Damit wird der Einfluss der Inflation auf die Materialbestandswerte transparent gemacht. Darüber hinaus stellt es die Grundlage für die Ist-Kalkulation dar.
Durch die parallelen Bewertungen können für jede Währung eine eigene Bewertungsschicht dargestellt werden – wie beispielsweise die Konzernbewertung, Profit-Center-Bewertung oder die legale Bewertung. „Wertansatz“ wird schließlich die Kombination aus Währung und Bewertung genannt.
Der Nutzen findet sich allen voran in er Berechnung der Kursdifferenzen: anstatt diese anhand der Kurse bei Waren- und Rechnungseingang zu berechnen, kann festgelegt werden, dass sie mit einem Plankurs berechnet werden, der etwa für ein ganzes Jahr gelten kann. Hierbei kann auch festgelegt werden, dass Kursdifferenzen als Preisdifferenzen interpretiert werden.
Das Material Ledger kann in R3 bereits aktiviert werden. Hierbei muss vor allem auf die in diesem Beitrag behandelten Währungen und Bewertungen geachtet werden: diese müssen vor der Aktivierung genau festgelegt werden, denn ist diese und damit auch die Festlegung der Währungen abgeschlossen, sind keine Änderungen mehr möglich! Ein genaues Konzept sollte hier folglich vorliegen. Falls Sie sich dabei nicht sicher sind, kommen Sie gerne auf uns zu – unsere Berater helfen Ihnen gerne weiter.
Im nächsten Beitrag dieser kleinen Serie zum Thema Material Ledger mit S/4HANA betrachten wir die Istkostenrechnung genauer. Im letzten, dritten Teil werden die Änderungen mit S/4HANA vor allem in Bezug auf die Tabellen erklärt, eine Zusammenfassung gegeben und ein Fazit gezogen. Schauen Sie also wieder vorbei oder abonnieren Sie direkt unseren Blog für interessante Insights, spannende Themenserien und Neuigkeiten rund ums Thema S/4HANA!